Ausgrabungen am Rhein

Museum Geschichten, Dr. Miloš Říha, 2004

Die altwürdige Stadt Mainz am Ufer des Rheins war bereits zur Zeiten des Römischen Reichs eine Stadt mit einer außergewöhnlichen Bedeutung. Seit dem Jahr 13 vor Christi war hier der Lager der römischen Legionäre und später wurde des römischen “Mogontiacum“ zu einem der drei größten Militär-, Verwaltungs-, Handels- und Kulturzentren nördlich der Alpen (neben Köln am Rhein und Trevor). Nach dem Jahr 1800 begann Friedrich Lehne mit systematischen archäologischen Forschungen und Aufbau der Sammlungen. Seine Arbeit setzte später die im Jahr 1844 gegründete Gesellschaft für die Forschung der römischen Geschichte und Antiquitäten fort. Der Konservator dieser Gesellschaf Ludwig Lindenschmit wurde zu einer bedeutenden Fachkapazität. Im Jahr 1852 half er das römisch-germanische Zentralmuseum als ein Forschungsinstitut und eine restauratorische Arbeitsstelle zu gründen.

Im März 1857 führte die Gesellschaft für die Forschung der römischen Geschichte und Antiquitäten in Mainz eine archäologische Forschung durch. Dabei wurden auf einem ehemaligen Rindermarkt in der Tiefe von 18 – 19 Fuß (ca. 570 – 600 cm) zahlreiche römische Funden abgedeckt – römische Sandalen, Lederstücke und Wollstoffe, Werkzeuge, römische Minzen und eine ganze Reihe weiterer Funde.

Fürst Metternich hatte zu Mainz ein sehr nahes Verhältnis. Manche von seinen Vorfahren gehörten doch im 17. Jahrhundert zu den Mainzer Erzbischöfen und Kurfürsten (Lothar Friedrich und Karl Heinrich). Die letzten Jahre seines Lebens (er starb am 11. Juni 1859 im Alter von 86 Jahren) verbrachte er oft auf Schloss Königswart, weit von der europäischen Politik und umgeben von den Erinnerungen an seine ruhmreichen Jahre. Auch sein Schlosskustos – der Verwalter der Sammlungen des königswarter Schlossmuseums Prof. Paul Rath hatte gute Kontakte zu dem Direktoren der Mainzer Gesellschaft Dr. Wittmann. Das war wahrscheinlich der entscheidende Grund, warum so eine große Anzahl der Mainzer archäologischen Funde auf Schloss Königswart kam. Neben 25 altrömischen Wollstoffen aus dem Mainzer Fund und Lederresten von römischen Sandalen wurden die königswarter Sammlungen mit einem Stück Weinrebe, 10 verschiedenen Blättern, Moos, Federn des Hausgeflügels aus den römischen Zeiten bereichert. Dr. Wittmann ließ für Königswart auch ein Gipsabguss des Eisenschwerts und ein Abguss des Models des linken Fußes mit einer römischen Sandale fertigen.

Das waren bei Weitem nicht die einzigen archäologischen Funde, die nach Königswart gelangten. Neben ägyptischen Mumien oder Ausgrabungen von Pompeji findet man auch zahlreiche mitteleuropäische Funde. Von der Grabstätte bei Halberstadt (in der Nähe von Magdeburg) stammen zwei im Jahr 1818 entdeckten Steinaxtdreschböden aus der Steinzeit. In der Umgebung des ungarischen Szekesfehervar (Alba Regia) in der Fürstenregion Huzaghalm fanden im Jahr 1894 die Bauer beim Ackern in der Nähe der Gemeinde P. Both ca. 30 Bronzegegenstände – Schmuckringe (sg. Armilla), Schwerte, Lanzenspitzen, Gefäßdeckel und Rohbronzestücke aus der jüngeren Bronzezeit. Einige von denen befinden sich heute im Nationalmuseum in Budapest, aber die meisten sind auf Schloss Königswart zu finden. Von der altslawischen Heidengrabstätte in Bautzen schenkte im Jahr 1819 Gustav Fiedler von Freiberg dem königswarter Schloss zwei Tongefäße zur Aufbewahrung der verbrannten Überreste der altslawischen Toten. Der bronzene Sichel stammt von dem Mährischen Feld in Österreich, die Tonurne wurde im Jahr 1888 in Sarisop in Ungarn gefunden… Und so könnte man lange weitermachen.

Was führte den Fürsten Metternich und seine Nachfolgen zu so einem Interesse an prähistorischen und historischen Sehenswürdigkeiten für das königswarter Museum? War es ein romantisches Interesse an der Vergangenheit, tiefere historische Kenntnisse oder vielleicht nur das Bestreben den Kaisersammlungen in Wien zu konkurrieren? Etwas mehr darüber verraten die Zeitungs- und Zeitschriftenausschnitte, die der Fürst Metternich systematisch auf die leeren Seiten der dicken Gedenkbücher klebte. Diese zeugen von einem sehr ambitionierten und aufgeklärten Sammler, der ein Teil seines Eigentums in die Unikate-Kollektion investierte. Das Museum wurde zu einem beliebten Ausflugsziel von bedeutenden Persönlichkeiten und Kurgäste aus Marienbad und Franzensbad. So funktionierte es auch zu Zeiten des Kanzlersohnes Fürst Richard. Und so funktioniert es auch heute.