Die große Beraubung auf dem Schloss Königswart

Museum Geschichten, Dr. Miloš Říha, 2004

Als am 1. Oktober 1827 der letzte Egerer Henker Karl Huss aus seinem Henkerhäuschen in das Königswarter Schloss zog, erfüllte er den ersten Teil eines Vertrages, den er zwei Tage zuvor mit Kanzler Metternich geschlossen hatte. Dieser sollte nach dem Tod von Huss Eigentümer dessen umfangreicher Sammlungen werden, und hierfür versprach er Huss eine Wohnung auf dem Schloss sowie eine Lebensrente in Höhe von 300 Gulden. So wanderten ab dem 20. Mai 1828 in 21 Kisten Münzen, Bücher und Naturalien aus Huss´ Egerschem Museum auf das Schloss, und der neu ernannte fürstliche Kustos installierte diese mit viel Gefühl im neuen Schlossmuseum. Es sei nur erwähnt, dass die eigentliche Münzsammlung aus 7109 Münzen im Wert von 7501 Gulden und 49 3 Kreuzern gängiger Währung bestand, und der Kustos bezahlte sich somit eine „fürstliche Rente“ für 25 Jahre im Voraus. Auf dem Schloss lebte er allerdings nur noch zehneinhalb Jahre – er verstarb am 19. Dezember 1838. Zwischenzeitlich aber kam es auf dem Schloss zu einem großen Raub und gerade hiervon soll unsere Geschichte erzählen.

In der Nacht zum 11. November 1828 brach jemand in die Münzsammlung ein und stahl einen Großteil der seltenen Münzen. Bei den Untersuchungen fiel sogar ein Verdacht auf den Verwalter der Sammlung – Karl Huss. Der unglückliche Kustos bewies immer wieder aufs Neue, dass die Sammlung Ergebnis seiner eigenen, jahrelangen Sammlerleidenschaft sei und dass es keinen Grund gebe, warum er sich selbst etwas stehlen solle, das ihm dem Vertrag nach bis zu seinem Lebensende gehöre. Böse Zungen suchten dessen ungeachtet geheime Verbindungen und auch Kanzler Metternich stärkte seinem Verwalter nicht sonderlich den Rücken.

Aber auch weiterhin strömten in das jüngst eröffnete Museum dutzende, ja hunderte von Besuchern. Wie Kanzler Metternich seiner Tochter Leontine in einem Brief mitteilte „blieben diese Leute aus Marienbad dennoch Stunden vor den leeren Virtrinen stehen, um jene Stellen zu bewundern, wo die gestohlenen Münzen gelegen waren, und lauschten Herrn Huss, welcher ihnen mit unglaublicher Redegewandheit beschrieb, um welche Gegenstände es sich gehandelt hatte.“

Wie später herauskam war jener unbekannte Dieb Josef Semmenetz. Den gut 75kg wiegenden Sack mit den erbeuteten Münzen vergrub er zuerst im sogenannten Harranter Jungholz nahe der Statue des Hl. Jan Nepomuk unterhalb Königswart. Erst nach sieben Monaten und sieben Tagen, am 15. Juni 1829, hob er die Münzen aus deren geheimem Versteck aus und brachte diese nach Prag, um dort bereits am 19. Juni in die Hände des protokollarischen Beamten Watzek zu fallen und dem Strafgericht vorgeführt zu werden. Er gestand alles, und ein Grossteil der gestohlenen Münzen wurde bei Durchsuchung seines Zimmers in der Gaststätte „Zum schwarzen Pferd“ gefunden. Da dem Geständnis des Täters nach einige Münzen während des hastigen Vergrabens verloren gegangen waren, reiste der Egerer Gerichtsrat Jeremias Gschir mit einem Plan, welchen ihm in Prag Joseph Semmenetz gezeichnet hatte, nach Königswart, und versuchte nahe der Nepomuksstatue weitere Münzen zu finden. Tatsächlich fand er im Harranter Jungholz noch 1 Taler und 4 Soliden. Am 18. Juli traf endlich in Schandow eine Postkutsche mit den gestohlenen Münzen ein und der höchste Verwaltungsbeamte Platzer beförderte diese unverzüglich nach Königswart. Am 9. August 1829 übernahm der Sammlungsverwalter, der Schlosskustos Karl Huss, insgesamt 1635 Gold-, Silber- und Kupfermünzen. Der Verlust an Münzen wurde mit 388 Gulden und 27 1 Kreuzern beziffert.

Kanzler Metternich schrieb zwei Tage später wiederum in einem Brief an Leontine: „Das Kabinett an und für sich ist eine der am meisten Aufmerksamkeit erregenden und kuriosesten Dinge dieser Welt. Der großfürstliche Kustos – Herr Huss duldet nicht, dass ihn jemand anders anrede – hat ein solches Gefühl für ungewöhnliche Dinge, dass er überall solche findet. So fand er auf dem Dachboden eine alte Rüstung mit Helm und Handschuhen von respektablem Gewicht und sogar zwei Bügeleisen eines Typus, der sicher schon zweihundert Jahre nicht verfertigt wird. Diese sind aus Bronze und anstelle des heißen Eisens werden diese mit glühender Kohle aufgeheizt. Eine gewöhnliche Büglerin würde damit verrückt werden. Als ich diese komischen Geräte in einer Ecke des Kabinetts entdeckte, dachte ich, sie stammen mindestens aus der Zeit von Marie Stuart oder Königin Elisabeth. Ich fragte Herrn Huss danach, und da er einer der ehrlichsten Männer dieser Welt ist, antwortete er: „Bei Gott, mitnichten, ich habe sie aus der Königswarter Plunderkammer hervorgeholt!“ Du siehst, er ist kein Betrüger.“

Karl Huss, jener ehrliche Kustos, erfuhr für all die falschen Beschuldigungen nie eine Entschuldigung. Und seine Münzen? Die sind bis heute Bestandteil der Königswarter Sammlung.