Die älteste Fotografie der Welt

Museum Geschichten, Dr. Miloš Říha, 2004

Im Technischen Nationalmuseum in Prag findet man in der Präsentation der Geschichte der Fotografietechnik eine wertvolle Aufnahme des königlichen Palastes in Paris aus dem Jahr 1840 und ein um ein Jahr älteres Stillleben mit dem Motiv eines künstlerischen Ateliers. Kaum jemand kennt die Geschichte dieses Stilllebens aus dem Jahr 1839 aus den Sammlungen des Königswarter Schlossmuseums, obwohl es zweifellos zu den ältesten und wertvollsten Daguerrotypien der Welt gehört.

Als der französische Wissenschaftler Joseph Nicéphore Niepce im Jahr 1827 die durchaus älteste fotografische Szene – einen Blick auf die Dächer im Châlon-sur-Saône – herstellte, setzte er seine Zusammenarbeit mit einem anderen Franzosen – dem Maler und Erfinder Louis Jaques Mandé Daguerre (1787-1851) – fort. Louis Daguerre war schon seit 1822 in ganz Paris durch seine Dioramen – optisch illusorische Bilder auf durchsichtigem Material – bekannt. Seit dem Jahr 1829 wollte er zusammen mit Niepce neue Fotografietechniken entwickeln, aber ihre Zusammenarbeit wurde im Jahr 1833 durch Niepces Tod unterbrochen. Louis Daguerre knüpfte dann an Niepces Werk an, er arbeitete weiter allein und seine neue Methode, die es ermöglichte, auf der lichtempfindlichen Silberjodemulsion ein dauerhaftes positives Bild herzustellen, veröffentlichte er am 19. August 1839. Dieses fotografische Verfahren wurde dann nach ihrem Namen Daguerrotypie genannt.

In den letzten Jahren gibt es einen Streit zwischen den Fachleuten aus der berühmten amerikanischen Daguerrian Society und den französischen Experten um das älteste Porträt in der Daguerrotypie. Der Streit fing an, als ein gewisser Marc Pagneux im Jahr 1989 auf dem Pariser Flohmarkt bei Porte de Vanves für nur 150 Dollar ein Porträt eines Mannes kaufte. Der Mann auf dem Porträt könnte der Maler Nicolas Huet sein. Dadurch wäre allerdings das älteste Porträt in das Jahr 1837 datiert, während bisher für das älteste Porträt ein anderes Bild gehalten wurde, das um zwei Jahre jünger ist. Ganze zehn Jahre schwieg Marc Pagneux über sein Unikat, erst am 23. Dezember 1998 machte er darüber eine Veröffentlichung im Tageblatt Le Monde. Den Wert seines glücklichen Kaufs für 150 Dollar schätzt er heute auf 1 Million Dollar.

Die Königswarter Daguerrotypie – ein Stillleben aus dem Jahr 1839 mit dem Motiv eines künstlerischen Ateliers mit eigenhändiger Widmung des Autors und Erfinders an den Fürsten Metternich, ist ein einzigartiges technisches Exponat mit einer außerordentlichen Bedeutung weltweit. Der Fürst Metternich ordnete diese Daguerrotypie unter die Exponate des Schlossmuseums ein, aber vorher notierte er sich auf der Rückseite eine äußerst bedeutende Tatsache, dass Louis Jacques Mandé Daguerre ihm diese Daguerrotypie noch vor der Veröffentlichung seiner Erfindung schenkte (!).



Diese Umstände wurden in den Originalkatalogen des Kuriositätenkabinetts Metternichs ausführlich beschrieben. Prof. Paul Rath, der damalige Kustos des Metternichs Schlossmuseums in Königswart, schrieb über diesen Gegenstand am 8. September 1856: „Nr. 760: Daguerrs Versuchsbild bei der Gelegenheit der Erfindung von Lichtbildern, zugeschickt Seiner Durchlaucht dem Clement W. L., Fürsten von Metternich, noch vor der Veröffentlichung dieser neuen Erfindung“ ... „Dieses sicherlich außerordentlich wertvolle Bild, mit dem eine unabsehbare Reihe künstlerischer Aufnahmen und höchst erfolgreicher Erfindungen anfing....“ usw. Der Kanzler Clemens L. W. Fürst von Metternich selbst erwähnte diese Daguerotypie in seinem Brief vom 23. August 1839. Eine Abschrift dieses Briefes ist in der Dokumentation des Königswarter Schlossmuseums archiviert.

Im Jahr 1985 wurde die wertvolle Königswarter Daguerrotypie dem Technischen Nationalmuseum in Prag verliehen. Das Schloss Königswart war damals schon 9 Jahre geschlossen (seit April 1976) und es gab nur eine minimale Chance, dass es noch jemandem gelingt, Geld für die Rettung des durch Hauschwamm befallenen Objektes zu beschaffen. Alle Sammlungen waren deswegen in Jahren 1984-1987 aus Königswart abgeliefert – in die Depositare und als Leihen an andere Museen, Galerien und Kulturdenkmäler. Im Jahr 1998 wurden allerdings die Finanzen gewährleistet und im Jahr 2000 war das Schloss für die Öffentlichkeit wieder komplett geöffnet. Die verliehenen Gegenstände aus den ursprünglichen Sammlungen kamen ebenfalls zurück. Die Verleihung der wertvollen Daguerrotypie an das Technische Nationalmuseum wurde allerdings leider noch im Jahr 2002 auf weitere 6 Jahre verlängert.

Seit 1990 bekam das Kulturministerium der Tschechischen Republik einige Briefe und lukrative Angebote von einer ungenannten amerikanischen Gesellschaft. Diese bietet für die Königswarter Daguerrotypie eine Million Dollar an. Letztes Mal im Mai 2002 musste der Kastellan des Schlosses begründen, warum dieses Unikat nicht zum Verkaufen ist. Ich denke, dass wir uns sehr schämen müssten, wenn wir solchen Verkauf nicht verhindern könnten.