Der serbische König im Gefängnis in Eger

Museum Geschichten, Dr. Miloš Říha, 2004

Über der Tür der Schlossbibliothek hängt ein Bild, das einen alten Mann im königlichen Hermelinmantel darstellt. Die Aufmerksamkeit des Besuchers wird sofort durch das wilde Aussehen und das lange, graue Vollbart eines Mannes gefesselt, über den er von dem Begleiter erfährt, dass es sich um den „serbischen Despoten Brankovic“ handelt. Wer war aber dieser serbische Despot und warum ist sein Bild im Schloss Königswart? Die Antwort auf diese Fragen gibt eine Geschichte, die in den letzten 200 Jahren beinah vergessen wurde. Als der Schlosskustos Prof. Paul Rath in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Schlosssammlungen revidierte, kannte er „weder den Ursprung, noch den Anlass“.

Georg Brankovic wurde im Jahre 1645 geboren. Er war der Nachfahre der alten serbischen Dynastie Brankovic, die schon seit dem 14. Jahrhundert bekannt war. In der Zeit der Großen türkischen Kriege im 17. Jahrhundert trat er zuerst in die siebenbürgischen, dann in die walachischen und schließlich in die Dienste des österreichischen Kaisers ein. Nach der Niederlage der Türken und der langen Belagerung der Stadt Wien im Jahre 1683 wurde er vom österreichischen Kaiser Leopold I. für seine Meriten sogar mit dem ungarischen Fürstenstatus geadelt.

Bald stieg dem frischen ungarischen Fürsten die plötzliche Karriere zu Kopf. Aller Ruhm mit Machtaussichten und Reichtum brachten ihn auf den Gedanken, den serbischen Thron zu besitzen. Er begann öffentlich den Thron des serbischen Königs für sich zu beanspruchen. Zur Erfüllung seines Vorhabens sollten ihn die Kampfwaffen seiner Männer führen. Zum offenen Kampf um den serbischen Thron kam es allerdings nicht mehr – Ludwig, der Markgraf von Baden, nahm Brankovic im Jahre 1689 im Militärlager gefangen und hielt ihn bis zu seinem Tod im Gefängnis in Eger fest.

Derart verblassten Brankovic Träume vom serbischen Königreich. Im Gefängnis in Eger verbrachte der verbitterte alternde „König“ zwanzig Jahre! Er starb am 19. Dezember 1711, was die auf dem Bild stehende, fast unlesbare Aufschrift verrät: „II. GEORGIUS BRANKOBICH SERBIAE A RASCIAE DESPOTES OBIT EGRAE XIX. DEC. MDCCXI“. Das Bild selbst stellt nur eine Phantasie des Malers dar, der sich die Geschichte des „serbischen Königs“ im Gefängnis in Eger anhörte und sie für uns hinterließ. Das Bild gefiel auch dem letzten Henker der Stadt Eger, Karl Huss, der es im Jahre 1827 über der Tür der Metternich-Bibliothek aufhing.